Übersetzer in Flein und Heilbronn„Du übersetzt den ganzen Tag Texte? Wird es dir da nicht langweilig?“ So oder so ähnlich kann die Reaktion ausfallen, wenn man seinem oft unwissenden Gegenüber die Frage beantwortet hat, was man denn eigentlich beruflich macht. Vorab hat man ihm dann meist noch den Unterschied zwischen einem Übersetzer und einem Dolmetscher erklärt – doch dafür möchte ich auf den humorvollen Videoclip des BDÜ verweisen.

Meinen ersten Blogartikel möchte ich nämlich einem anderen Thema widmen: Ich möchte hinter die Kulissen schauen und in aller Kürze zeigen, warum der Beruf des Übersetzers keineswegs eintönig oder langweilig ist. In diesem Sinne ein herzliches Hallo und willkommen auf meinem Übersetzerblog.

Inspiriert zu diesem Beitrag hat mich kürzlich ein Tweet des Auswärtigen Amtes. Der Twitter-Post erlaubt einen Einblick in die Tätigkeiten des internen Sprachendienstes: Eine Übersetzerin berichtet über ihre Arbeit und erzählt, wie vielfältig die Texte und Themen sind, die sie dort übersetzt. Was sie besonders schätzt, ist die Tatsache, dass sie immer etwas Neues dazulernen kann – sowohl inhaltlich als auch sprachlich. Hier geht es direkt zum Tweet.

Mit dieser Aussage der im Sprachendienst angestellten Übersetzerin konnte auch ich mich als Freiberuflerin sofort identifizieren. Zwar haben wir uns als Übersetzer in der Regel auf bestimmte Fachgebiete spezialisiert (Näheres hierzu: „Positionierung als freiberuflicher Übersetzer – Spezialisierung oder Diversifikation?“, erschienen im BDÜ Fachverlag). Dennoch sind die Texte und Themen innerhalb dieser Schwerpunkte meist so vielfältig, dass man mit jedem Auftrag etwas Neues dazulernen kann.

Nehmen wir mein Fachgebiet „Medizin“ als Beispiel. Sinnvoll ist eine Spezialisierung des Übersetzers innerhalb dieses sehr umfangreichen Themengebietes auf Schwerpunkte. Hier ist von Allgemeinmedizin über Pharmakologie bis hin zur Tropenmedizin alles möglich. Doch auch wenn der Übersetzer die Terminologie seiner Schwerpunkte im Laufe der Zeit perfekt beherrschen und sicherlich wiederkehrende Textsorten übersetzen wird – es wird ihm bestimmt nicht langweilig. Spezialisierung bedeutet keineswegs Einschränkung. Ich selbst übersetze immer wieder Texte, die für ein breites Publikum verständlich sein sollen. Das können Websites, Patienteninformationen, Flyer oder Präsentationen sein. Im Gegensatz dazu komme ich aber auch mit sehr spezifischen Texten für die Kommunikation unter Experten in Berührung – das sind dann wiederum wissenschaftliche Publikationen, Laborberichte oder Arztbriefe. Allein dieses „Umdenken“ innerhalb der medizinischen Fachsprache, um den richtigen Ton zu treffen – zum einen leicht verständlich, zum anderen für Außenstehende hochkomplex – ist eine unglaublich spannende Herausforderung, der ich mich jederzeit gern stelle. Hinzu kommt natürlich die fachlich-terminologische Kompetenz, die sich mit jedem Auftrag weiterentwickelt und verbessert.

Ein weiteres Beispiel sind Urkunden. Ich bekomme offizielle Dokumente aus Ländern von Australien bis Venezuela zur Übersetzung vorgelegt. Gerade wenn es sich um Bildungs- oder Ausbildungsdokumente (Schulzeugnisse, Universitätsurkunden, Arbeitszeugnisse, …) handelt, ist meist viel Recherche erforderlich. Denn kein Bildungssystem gleicht dem anderen – um diese Dokumente also exakt übersetzen zu können, muss sich der Übersetzer zunächst damit auseinandersetzen.

Doch nicht nur durch Urkunden bekommt der Übersetzer Dokumente aus aller Welt zu Gesicht: Je nach Text und Thema kommt er regelmäßig mit anderen Nationalitäten und Kulturen in Kontakt und baut auf diese Weise auch seine interkulturelle Kompetenz aus.

Zusammengefasst erweitern wir durch die Übersetzung von Texten innerhalb unserer Fachgebiete natürlich unser Fachwissen und die damit verbundene Terminologie. Bei jedem Auftrag müssen wir uns aber auch klarmachen, für welche Zielgruppe der Text bestimmt ist. So lernen wir mit der Zeit, zwischen Allgemeinsprache, „leicht verständlicher“ Fachsprache und Experten-Fachsprache zu unterscheiden und für jedes Projekt den richtigen Ton zu treffen. Durch den Kontakt mit verschiedenen Nationalitäten und Kulturen bauen wir zudem unsere interkulturelle Kompetenz aus. Die Arbeit des Übersetzers ist so vielfältig, dass wir unser Allgemeinwissen mit jedem Auftrag verbessern können. Wir lernen täglich Neues dazu – sowohl sprachlich als auch fachlich.

Klingt langweilig? Finde ich nicht.

Ich bin glücklich in diesem Beruf und freue mich über jede Gelegenheit, die mir dieser Job bietet, um über den sprachlichen, fachlichen und kulturellen Tellerrand zu schauen.